Hochtourenwoche im Wallis 2020

Hochtouren im Wallis, 16.-21. August 2020

In der zweiten Hochtourenwoche, die der Sportverein der NaturFreunde Hessen in diesem Jahr durchführte, ging es nochmal hoch hinaus im Wallis. Wie schon in der vorausgegangenen Woche waren die Berge um das Saastal unser Ziel. Geführt von zwei Trainern machten sich vier Teilnehmer*innen auf den Weg, die umgebenden Gipfel und Gletscher der Bergriesen zu erkunden. Für die meisten wurde es die erste Besteigung eines 4000ers in den Alpen.

Regnerisch war‘s am ersten Tag und so fuhren wir nach einem späten Frühstück mit der Bergbahn zum Hohsaas, um hier auf über 3000 m Höhe etwas für unsere Akklimatisation zu tun. Vom gleichnamigen Rundweg kann man an schönen Tagen „18 Viertausender“ erblicken, für uns lugten bei bedecktem Wetter nur einige durch. Aber immerhin konnten wir in Nachbarschaft des noch immer beeindruckenden Eisabbruch der Weismies einen eigenen kleinen Gipfel erklimmen, mit etwas Kletterei ging es hoch auf Punkt 3328!

Bei zunehmenden Sonnenschein konnten wir noch die Nutzung des Seils in der „Gletscherseilschaft“ sowie die Spaltenbergung mittels loser Rolle üben, ein grasiger Hang in freundlicher Umgebung der Bergbahn war uns dafür gerade recht.

Für den nächsten Tag sah das Wetter freundlicher aus, Regen und evtl. Gewitter drohten erst gegen Nachmittag. So machten wir uns früh und zügig auf den Weg, mit dem Jegihorn (3206 m) stand immerhin der höchste Klettersteig der Westalpen auf dem Programm. Der alpine Klettersteig führt durch die steilen Südwände des Jegihorn und überquert eine tiefe Schlucht mittels einer spektakulären Hängebrücke, einer der längsten ihrer Art. Im Hintergrund präsentieren sich die schnee- und gletscherbedeckten hohen Berge der Walliser Alpen, Weismies und Lagginhorn sind immer ganz nah. Am späten Nachmittag war dann noch Zeit genug, um im einfachen Gelände an einer Felswand in der Nähe des Campingplatzes Rettungstechniken wie den Seilaufstieg mit Selbstflaschenzug zu üben. 

Noch im Dunkeln ging es am nächsten Tag los, mit der ersten Seilbahn gleich wieder auf 3000m Höhe. Ein langer Weg lag vor uns, mit vielen Höhenmetern und häufigem Auf und Ab. Über die Britanniahütte und den aperen Hohlaubgletscher stiegen wir teils exponiert und steil über einen Sattel hoch und wieder runter auf den Allalingletscher. Ab hier mussten wir uns dann einen Weg durch das Spaltenlabyrinth des mächtigen Gletschers suchen, vorbei an Gletschertischen und -mühlen. Auch wenn der voranschreitende Klimawandel die verbleibenden Gletschermassen deutlich verkleinert hat, so sind die Spalten und Verwerfungen des Gletschers immer noch beeindruckend tief und abschreckend, so dass das Gelände nur mit Erfahrung, Umsicht und Respekt zu begehen ist. Dem Gletschertrekking folgt dann ein langer Abstieg hinunter zum Mattmarksee und zum Ausruhen (!) auf den Campingplatz.

Am nächsten Morgen stand der höchste Gipfel der Tourenwoche auf dem Programm. Der Aufstieg zum Allalinhorn (4027 m) ist bei günstigen Bedingungen technisch nicht schwierig, Dennoch ist bei den vorhandenen Gletscherspalten ein vorsichtiges Gehen und Anseilen unbedingt Pflicht. Die ein oder andere Spalte musste so mit Mut und „Schwung“ überwunden werden. Schließlich standen wir bei strahlendem Sonnenschein auf dem Gipfel, die überwältigende Schönheit des umgebenden Bergpanoramas umgab uns.

Am folgenden Tag ließen wir unsere schöne und erfolgreiche Hochtourenwoche mit einer Wanderung ausklingen, heute waren es die kleinen Dinge wie die lokale Tier- und vor allem Pflanzenwelt, die wir erkundeten. So manch wunderschönes Edelweiß gehörte natürlich dazu, ebenso wie ein Blaubeerkuchen auf der Almageller-Alm sowie ein erfrischendes (!) Bad in einem Gebirgsbach….

Noch eine wunderschöne Tourenwoche mit vielfältigen Eindrücken, die uns zeigt, dass bei entsprechender Planung und Umsicht auch in Zeiten, in denen eine kleine Mikrobe unser aller Leben dominiert, wundervolle Bergerlebnisse möglich sind.

Matthias Grell, im Oktober 2020

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Unvergessliche Berge – Hochtouren am Oberaar

Mitte Juli zog es eine kleine NaturFreunde-Gruppe ins abgelegene Oberaargebiet im Berner Oberland. Organisiert und geführt von Hochtouren-erfahrenen Trainern der NaturFreunde Groß-Gerau wurde es zu einer herausfordernden und eindrücklichen Unternehmung.

Ausgangspunkt der Tour war das Berghaus Oberaar, nahe dem Grimselpass zwischen Aare- und Rhonetal gelegen. Von hier startete die Eingehtour auf das Sidelhorn (2764m) zur Höhenanpassung. Hier konnte auch nochmals geübt werden, was wichtig auf dem Gletscher ist: von Seiltechniken bis hin zur Selbstrettung aus einer Gletscherspalte – das Matratzenlager des Berghauses gestattete solche Übungen auch bei weniger freundlichem Wetter. Zudem blieb Zeit für einen Ausflug zum "Gletscher Maul" mit anschließender Suche nach Bergkristallen.

Am nächsten Morgen ging es dann früh los. Der langwierige Anstieg führte entlang des Oberaarstausees, über ausgedehnte Moränen und Gletscher Richtung Oberaarjoch. Das wärmer werdende Klima verändert die Berge und führt zu immer instabiler werdenden Zuständen auf und um die verbliebenen Gletscher. Häufig muss ein Weg aufwändig gesucht werden, der zurückgehende Permafrost führt zu Steinschlaggefahren überall. Die Höhe und die Anstrengung machten sich bemerkbar, aber schließlich wartete die malerisch gelegene Oberaarjochhütte auf 3258m auf die Gruppe.

Als ein Höhepunkt wurde für den nächsten Tag die Hochtour auf das Vordere Galmihorn (3507m) geplant. Wieder begann der Tag früh, da Wetter und Schneebedingungen einen frühen Start erforderten. Die Aussicht auf die beeindruckende Gletscherwelt, die Stille der Natur sowie die umgebenden Bergriesen machten das Gehen auf dem Studergletscher zu einem unvergesslichen Erlebnis. Hohe Bergen ringsherum, in der Ferne grüßen das Matterhorn und die Bergriesen der Walliser Alpen. Die Seilschaft zog ihren Weg über den zerklüfteten Gletscher zwischen den überall lauernden, teils sehr tiefen Gletscherspalten. Deren Umgehung oder Überquerung auf mehr oder weniger stabiler Schneebrücken wurden zum Nervenkitzel. Schließlich wurden die Bedingungen dann so schwierig, dass die Gruppe beschloss umzukehren. Zu gefährlich wurde das Gelände, zu weich der Schnee. Nach kurzer Rast verlangte der Rückweg zur Hütte erneut Konzentration und Geschicklichkeit beim Umgehen von Spalten.

Am Nachmittag blieb dann noch Zeit zur Besteigung des Oberaarhorns (3629m). Obwohl nur etwa 400 Höhenmeter über der Hütte gelegen, erforderte die Besteigung dennoch Kletterei über Blockgelände und das Durchqueren von Schneefeldern. Die Anstrengungen wurden jedoch durch die beeindruckende Aussicht auf den majestätischen Koloss des Finsteraarhorns belohnt, dessen gewaltige Nordostwand sich vor den Augen der Bergsteiger erhob. Nachdem die Gipfelfotos geschossen waren, begann der konzentrierte Abstieg zurück zur Hütte.

Der nächste Tag gehörte dem Abstieg über den Oberaargletscher, wiederum auf teilweise verschlungenen Wegen bis gegen Mittag das Berghaus Oberaar zu einen gemeinsamen Abschluss-Kaffee einlud.

Fazit: Ein unvergessliches Erlebnis in den Alpen: Wechselhafte Wetterbedingungen und die Anstrengungen der Tour wurden durch die beeindruckende Natur und atemberaubenden Aussichten mehr als wettgemacht.

Matthias Grell, im August 2023