Hochtouren im Wallis 2020

Hochtouren im Wallis, 9.-14. August 2020

In die hochalpinen Gletscherregionen im Wallis führte ein Hochtourenkurs der Abteilung Bergsport des Sportvereins der NaturFreunde Hessen. Mit zwei Mitgliedern der Naturfreunde aus Berlin und zwei Trainer*innen war die Gruppe in Coronazeiten klein, am Berg war man dadurch schnell und sicher unterwegs. Startpunkt für uns war ein Campingplatz im Saastal in der Schweiz.

Am ersten Tag ging es gleich hoch hinaus, mit dem Weg aufs Jegihorn (3206 m) stand immerhin der höchste Klettersteig der Westalpen auf dem Programm. Der alpine Klettersteig führt durch steile Wände, über Leitern und über eine spektakuläre, lange und luftige Hängebrücke, immer exponiert und sicher nichts für schwache Nerven. Dabei präsentieren sich die schnee- und gletscherbedeckten hohen Berge der Walliser Alpen mit der Mischabelkette in ihrer ganzen Schönheit.

Mit unserem Ziel, der Besteigung des Alallinhorn vor Augen wurde fleißig für die anstehenden Gletscherbegehungen geübt. Rettungstechniken wie etwa der Seilaufstieg mit Selbstflaschenzug standen im einfachen Gelände an der Felswand auf dem Programm. Dann ging es mit Steigeisen an den Füßen und dem Pickel in der Hand auf schneebedeckte Firnfelder. Prusikknoten, Gardaklemme, Rücklaufsperre, T-Anker - bald waren diese Begriffe keine Fremdwörter mehr. 

Nach einer Übernachtung auf der Britanniahütte (3030 m) klingelte um 3.45 Uhr der Wecker, Frühstück um 4.00 Uhr, eine halbe Stunde später ging es hinaus in die dunkle Bergwelt, allein die Stirnlampen spendete uns etwas Licht. Der weite Weg zum Fluchthorn war unser Ziel, die Länge des Weges und die sich über den Tag entwickelnden Temperaturen erforderten den frühen Start. Zunächst über den Hohllaubgletscher, dann über einen schweißtreibenden Sattel, spätestens jetzt waren alle wach und gerade rechtzeitig, um den atemberaubenden Sonnenaufgang zu bestaunen. Nach kurzer Trinkpause ging es dann hinab zum Allalingletscher und über lange, stetig ansteigende Gletscherflächen und -hänge hinauf zum Gipfelkreuz des Fluchthorns (3795 m), das wir endlich angestrengt aber glücklich erreichten.

Hier lagen uns die Eisriesen wie Strahlhorn oder Rimpfischhorn direkt gegenüber, vor uns die schroffe Südwand des Allalinhorns. Nach kurzer Gipfelrast ging es dann zügig wieder hinunter, schien uns die Sonne zwar herrlich, aber mit den steigenden Temperaturen wurde der Schnee immer weicher, die Spaltenübergänge immer labiler, was auch schon mal beim Versinken eines Beins in grundlose Tiefe zu spüren war. Nach einem langen und beschwerlichen Abstieg konnte diese Besteigung am Campingplatz gefeiert werden.

Der Durchzug eines Regengebietes kam für den nächsten Tag gerade recht, so konnten wir uns von den Strapazen des Vortages erholen.

Am letzten Tag der Tourenwoche stand der höchste Gipfel auf dem Programm, das hieß wieder mit gepacktem Rucksack früh (!!) raus, dabei ließen wir uns auch nicht von leichtem Nieselregen abbringen, hatte doch das sorgfältige Studieren der Wetterlage im Tagesverlauf stabiles, wenn auch nicht immer sonniges Wetter nahegelegt.

Der Aufstieg zum Allalinhorn ist bei günstigen Bedingungen technisch nicht schwierig, und aufgrund der Niederschläge des vorherigen Tages hatten wir einen weißgepuderten Bergriesen vor uns. Als zweite Seilschaft am Berg mussten wir ganz schön anstrengend durch den Neuschnee stapfen, glücklicherweise ist die Spur an diesem einfachen 4000er meist gut gelegt und war auch an diesem Tag unschwer zu erkennen. Zunächst über flache Gletscherpassagen, dann immer steiler werdend, galt es dabei auch die eine oder andere Spalte zu umgehen. Gegen halb zehn standen wir zufrieden auf dem Gipfel, zwar von Wolken umhüllt, dafür aber recht alleine, was auf diesem beliebten Berg nicht allzu häufig vorkommt. Zurück an der Bergstation konnten wir unseren 4000er feiern.

Eine schöne und erfolgreiche Tourenwoche mit vielfältigen Eindrücken, die uns zeigt, dass bei entsprechender Planung und Umsicht auch in Zeiten, in denen eine kleine Mikrobe unser aller Leben dominiert, solch wundervolle Bergerlebnisse möglich sind.

Matthias Grell, im September 2020

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Unvergessliche Berge – Hochtouren am Oberaar

Mitte Juli zog es eine kleine NaturFreunde-Gruppe ins abgelegene Oberaargebiet im Berner Oberland. Organisiert und geführt von Hochtouren-erfahrenen Trainern der NaturFreunde Groß-Gerau wurde es zu einer herausfordernden und eindrücklichen Unternehmung.

Ausgangspunkt der Tour war das Berghaus Oberaar, nahe dem Grimselpass zwischen Aare- und Rhonetal gelegen. Von hier startete die Eingehtour auf das Sidelhorn (2764m) zur Höhenanpassung. Hier konnte auch nochmals geübt werden, was wichtig auf dem Gletscher ist: von Seiltechniken bis hin zur Selbstrettung aus einer Gletscherspalte – das Matratzenlager des Berghauses gestattete solche Übungen auch bei weniger freundlichem Wetter. Zudem blieb Zeit für einen Ausflug zum "Gletscher Maul" mit anschließender Suche nach Bergkristallen.

Am nächsten Morgen ging es dann früh los. Der langwierige Anstieg führte entlang des Oberaarstausees, über ausgedehnte Moränen und Gletscher Richtung Oberaarjoch. Das wärmer werdende Klima verändert die Berge und führt zu immer instabiler werdenden Zuständen auf und um die verbliebenen Gletscher. Häufig muss ein Weg aufwändig gesucht werden, der zurückgehende Permafrost führt zu Steinschlaggefahren überall. Die Höhe und die Anstrengung machten sich bemerkbar, aber schließlich wartete die malerisch gelegene Oberaarjochhütte auf 3258m auf die Gruppe.

Als ein Höhepunkt wurde für den nächsten Tag die Hochtour auf das Vordere Galmihorn (3507m) geplant. Wieder begann der Tag früh, da Wetter und Schneebedingungen einen frühen Start erforderten. Die Aussicht auf die beeindruckende Gletscherwelt, die Stille der Natur sowie die umgebenden Bergriesen machten das Gehen auf dem Studergletscher zu einem unvergesslichen Erlebnis. Hohe Bergen ringsherum, in der Ferne grüßen das Matterhorn und die Bergriesen der Walliser Alpen. Die Seilschaft zog ihren Weg über den zerklüfteten Gletscher zwischen den überall lauernden, teils sehr tiefen Gletscherspalten. Deren Umgehung oder Überquerung auf mehr oder weniger stabiler Schneebrücken wurden zum Nervenkitzel. Schließlich wurden die Bedingungen dann so schwierig, dass die Gruppe beschloss umzukehren. Zu gefährlich wurde das Gelände, zu weich der Schnee. Nach kurzer Rast verlangte der Rückweg zur Hütte erneut Konzentration und Geschicklichkeit beim Umgehen von Spalten.

Am Nachmittag blieb dann noch Zeit zur Besteigung des Oberaarhorns (3629m). Obwohl nur etwa 400 Höhenmeter über der Hütte gelegen, erforderte die Besteigung dennoch Kletterei über Blockgelände und das Durchqueren von Schneefeldern. Die Anstrengungen wurden jedoch durch die beeindruckende Aussicht auf den majestätischen Koloss des Finsteraarhorns belohnt, dessen gewaltige Nordostwand sich vor den Augen der Bergsteiger erhob. Nachdem die Gipfelfotos geschossen waren, begann der konzentrierte Abstieg zurück zur Hütte.

Der nächste Tag gehörte dem Abstieg über den Oberaargletscher, wiederum auf teilweise verschlungenen Wegen bis gegen Mittag das Berghaus Oberaar zu einen gemeinsamen Abschluss-Kaffee einlud.

Fazit: Ein unvergessliches Erlebnis in den Alpen: Wechselhafte Wetterbedingungen und die Anstrengungen der Tour wurden durch die beeindruckende Natur und atemberaubenden Aussichten mehr als wettgemacht.

Matthias Grell, im August 2023