Rückblick: Eindrücke von Günter Ciesla "Frieden in Bewegung 2025"
An 7 Etappen dieser Bewegung für den Frieden, die am 3. Mai in den Haag begann und am 22. Mai in Bremen endete, habe ich teilgenommen. Mit mir Wanderer und RadfahrerInnen, die teils schon länger für Frieden und Abrüstung eintreten.
Wir erfuhren viel davon, was der Krieg vor 80 Jahren in den Niederlanden und in Deutschland angerichtet hat. Verfolgung, Vertreibung, Zerstörung in unermesslichem Ausmaß!
Wir lernten posthum Menschen kennen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten Widerstand geleistet oder schlichtweg „nur“ Verfolgten geholfen haben und dies mit ihrem Leben bezahlen mussten.
Auch, dass Verfolgung und Diskriminierung gegenüber Sinti und Roma bis heute anhalten.
Die Empfänge bei BürgermeisterInnen und Gespräche mit gesellschaftlichen Gruppen und Personen beim Wandern und Radfahren machten deutlich: Niemand will Krieg!
Wie kommt es, dass wir uns jetzt in einem Klima der Kriegsertüchtigung und des Rüstungswahns befinden und uns offensichtlich damit abfinden?
Es scheint, dass die Aufkündigung eines Dialogs mit Andersdenkenden eine entscheidende Rolle spielt. Alle von uns besuchten Kommunen mit Städtepartnerschaften in Russland lassen diese ruhen. Die dort lebenden Menschen werden unisono für das Handeln ihrer Regierung verantwortlich gemacht. Als ob wir gezwungen werden wollen, für jegliches Handeln unserer Regierung zur Rechenschaft gezogen zu werden? Die Welt bleibt auch jenseits eines Regierungskonflikts bunt und jeder hat seine eigenen Interessen, über die er/sie bereit ist, sich auszutauschen. Aber, die Staatsangehörigkeit ist wohl der alleinige Maßstab für die Bereitschaft zu einer Kommunikation geworden.
Der Erzfeind Frankreich ist seit des von Charles de Gaulle und Konrad Adenauer ausgehandelten Freundschaftsvertrages obsolet. Das deutsch-französiche Jugendwerk hat vielen geholfen, nationale Besonderheiten kennen und achten zu lernen. Der Dialog wurde geführt und gefördert. Das Niederwalddenkmal in Rüdesheim ist nur noch eine Facette der Zeitgeschichte. Ein Krieg gegen Frankreich undenkbar.
Während der Hoch-Zeit der Bombardements Nordvietnams handelten Le Duc Tho und Henry Kissinger einen Waffenstillstand aus. Jetzt kommen ehemalige GIs zu ihrer Wirkungsstätte zurück und können persönlich das Ausmaß ihres Handelns wahrnehmen, in dem sie endlich die dort lebenden Menschen kennenlernen.
14 Jahre dachten wir, den Menschen in Afghanistan eine Freiheit schenken zu wollen, die sie so vielleicht nicht haben wollten. Mit Panzer und Bomben. Und jetzt? Böse Afghanen und kein Dialog.
Wir erleben eine Einengung des Disputs. Ohne langen distanzierenden Vorspann ist es nicht mehr möglich, sich zur Ukraine oder Gaza zu äußern. Es wird so getan, als ob der Ukraine-Krieg der erste auf europäischem Boden seit dem 2. Weltkrieg wäre. Haben alle Zypern vergessen? Der NATO- Staat Türkei marschierte dort ein. Die Insel ist seitdem zweigeteilt. Kein Hahn krähte wegen des völkerrechtswidrigen Angriffs. Bei der Ukraine ist das anders. Geht es hier vielleicht mehr um geopolitische Interessen?
Der Nicht-Dialog nimmt bizarre Formen an. Den Weltkriegstoten gehört unser Respekt. Allen, die sinnlos gestorben, gemetzelt und zerfetzt wurden. 27 Millionen Menschen hat Russland und die Ukraine verloren. Und wir verweigern russischen Vertretern mit „Hausrechtsargumenten“ das Gedenken an ihre Toten auf deutschem Boden.
Schon zweimal haben wir auf russischem Boden Krieg geführt. Beim 1. Mal waren wir so freundlich ihn zu erklären. Beim 2. Mal haben wir einen Vertrag gebrochen und sind einmarschiert. Nüchtern betrachtet hat Russland allen Anlass Sicherheitsgarantien einzufordern.
John F. Kennedy war in der Kubakrise, als die Sowjetunion Raketen auf Kuba stationieren wollte, bereit, einen neuen Krieg zu riskieren. Der resultierende Dialog führte zu Abrüstungs- und Kontrollverträgen und hat den europäischen Frieden bis heute erhalten. Unsere Sicherheit ist auch die Sicherheit der anderen. Sein Sicherheitsgefühl zu entfalten und unseres zu gewinnen, erfordert keine Waffen, sondern den Dialog und den Respekt. Reden wir über Sicherheit nicht nur mit den NATO- Partnern, sondern auch mit Gegnern.
Dafür sind wir gewandert, Rad gefahren, haben zugehört und auch mal geweint.
Lasst uns reden!
Günter Ciesla, Sportverein der Naturfreunde Hessen